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  • AutorenbildJojo Weiß

Wenn der Alltag zur Last wird. Wie Hypnose gegen Überforderung bei alltäglichen Aufgaben helfen kann



Fallbeispiel: Ich fühlte mich im Alltag total überfordert. Eine Hypnosetherapie half mir Grenzen zu setzen und Neinsagen zu lernen.


Die anhaltende Überforderung war ihr förmlich anzusehen, als sie meine Praxis betrat. Ihre Schultern hingen schwer, als ob sie die Last der ganzen Welt tragen müssten. Sie kam zu mir, weil die alltäglichen Aufgaben immer mehr zu einer untragbaren Bürde wurden, und das verursachte ihr ein Gefühl von völliger Überforderung.


"Wo fängt das an? Wo hört das auf?", stammelte sie, als wir einander gegenübersaßen.


Petra (Name geändert), eine erfolgreiche Werbefachfrau mit eigener Agentur, Anfang vierzig, verheiratet und Mutter von zwei Kindern, hatte sich aufgrund einer Empfehlung an mich gewandt. Sie wollte immer und jederzeit alles im Griff haben, doch der Druck bei der Arbeit, das Balancehalten zwischen Familie, Freunden, Hobbys und dem Bedürfnis nach Auszeiten und Ruhe führten zu einer quälenden Überforderung.


Sie litt unter wiederkehrendem Schwindel und Übelkeit, für die es keine organischen Ursachen gab. Nach mehreren Arztwechseln wurde ihr nahegelegt, sich in psychologische Behandlung zu begeben. Anders als bei der Mehrheit meiner Klientinnen und Klienten war ich ihre erste Anlaufstation, was das Thema Psychotherapie anbelangte.


„Ich habe gar nicht die Zeit, monatelang zu einer Therapie zu rennen“, sagte Petra.


Wie in meiner Praxis üblich hatten wir in einem kostenfreien telefonischen Erstgespräch ihre Vorgeschichte beleuchtet und sie hatte den Anamnesebogen ausgefüllt zurückgesendet. Auf diese Weise konnte ich mir bereits im Vorfeld einen Überblick über den Grad ihrer Überforderung verschaffen. Von Anfang an konnten wir sehr offen miteinander sprechen und unser gemeinsamer Sinn für Humor half uns in den Sitzungen.


„Schon klar - “, sagte ich übertrieben verständnisvoll. „Ich habe von Managern in der Burnout-Klinik gehört, die sogar dort noch zwei Wochen lang den Tagesablauf optimieren wollten.“


Ein angedeutetes Lächeln huschte über ihr Gesicht und sie verdrehte gespielt die Augen.

Vor drei Monaten hatte sich ein neues Großprojekt in ihrer Werbeagentur ergeben, das sie immer stärker beanspruchte. Gleichzeitig verlangten die familiären Verpflichtungen noch mehr von ihr, sie hatte sich auch aufgrund ihrer Schuldgefühle von ihren Jungs breitschlagen lassen, einen Hund anzuschaffen. Jetzt waren die Nächte noch kürzer und unruhiger als zuvor, sodass wertvoller Schlaf fehlte.


„Was hab ich mir bloß dabei gedacht?“, fragte Petra gedankenverloren in den Raum.


Als älteste von vier Geschwistern hatte sie schon früh Verantwortung übernehmen müssen und dieses Muster unbewusst ihr ganzes Leben beibehalten.

„Weißt du Jojo, in meinem Umfeld denken alle die Petra schafft das schon, sie hat es ja immer geschafft. Ich bin da in einer Schublade gelandet in der ich nicht mehr sein möchte“ , sagte sie während sie mich mit offenem Blick ansah.


Wenn du mir eine Metapher, ein Bild geben würdest, wie sich das für dich anfühlt, wie würde das aussehen?“, fragte ich sie.


"Ich fühle mich wie eine Jongleurin, die versucht zwanzig Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten, und jeder, der mir einen weiteren zuwirft, erwartet, dass ich ihn auffange und weiter jongliere, ohne dabei etwas fallen zu lassen. Bis sich alles dreht und ich am Ende selbst falle - ins Bodenlose“, beschrieb sie ihre Situation.


Beiläufig erzählte ich ihr, dass ich schon wiederholt Klientinnen mit psychogenem Schwindel in der Praxis hatte, der letztendlich ein Ausdruck ihrer Überforderung und Orientierungslosigkeit gewesen war.


Während der Trancearbeit hatte Petra zunächst Schwierigkeiten die Augen zu schließen. „Wenn ich die Augen zumache verstärkt sich der Schwindel, und ich fahre Karussell“, sagte sie.


Wir einigten uns auf eine EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) Session. Eine Methode aus der Traumatherapie, bei der die Augen geöffnet bleiben können. Diese Methode eignet sich gut in der Kombination mit Hypnotherapie, bei Menschen, die Schwierigkeiten mit dem Augenschluss haben.


Während dieser Session fragte ich Petra: „Was nimmst Du wahr“


„Grenzen setzen“, antwortete Petra und klang sehr berührt dabei. „Ich habe nie gelernt Nein zu sagen. Meine Eltern waren ständig überfordert und ich wollte nicht auch noch Probleme bereiten. Also war meine Strategie helfen, in dem ich so viele Aufgaben wie möglich übernehme.“


Ein tiefer Seufzer ging durch sie hindurch und wir schwiegen einige Augenblicke.


„Jetzt scheint mir einiges klarer. Ich hatte schon als Kind Probleme damit Grenzen zu setzen und als ich älter wurde kam noch hinzu, dass ich mich oft mit anderen erfolgreichen Unternehmerinnen verglichen habe, die keine Kinder hatten“, stellte Petra fest.


„Sich vergleichen und keine Grenzen setzen sind fantastische Strategien, um sich selbst in die Überforderung zu bringen“, griff ich unser spielerisches Verbal-Ping-Pong auf.


„Na toll, krieg ich jetzt ne Medaille als Miss Grenzenlos oder was?“, antwortete Petra lachend.


In den folgenden Sitzungen arbeiteten wir daran, die Überforderung weniger als Schwäche sondern eher als kompetenten Hinweis ihres Unterbewusstseins zu sehen. Sie erkannte, dass ihr Körper schon seit geraumer Zeit Signale sendete, die sie nichts wahrhaben wollte. Aus gelegentlichen Unwohlsein war häufige Übelkeit und aus vereinzelten Schwindelattacken war ein nahezu durchgehender Dauerschwindel geworden. Dazu kam, dass sie schon seit eineinhalb Jahren unter sexueller Unslust litt, was sich immer problematischer auf ihre Beziehung auswirkte.


„Was kann der kleinste Schritt sein, auf deinem Weg zur Besserung, was wünscht du dir?, fragte ich Petra.


Also, ich schäme mich fast, das zu sagen, ich wünsche mir, dass meine Familie mehr anerkennt was ich leiste und von meinem Mann wünsche ich mir ganz klar mehr Unterstützung“, antwortete sie.


„Das könnten wir jetzt einfach so stehen lassen“, sagte ich. „Doch ein Teil in mir möchte dich fragen: “Wie kann diese Unterstützung konkret aussehen?“


„Kann ich darüber bis zu unserer nächsten Sitzung nachdenken?“ fragte Petra.

„Also das ist jetzt wirklich zu viel verlangt antwortete ich“, und wir lachten beide.

„Hättest Du Lust, zum Abschluss unser heutigen Sitzung nochmal nach innen zu gehen?“, fragte ich vorsichtig.

„Ja, lass uns das machen, dann möchte ich jetzt gerne deine Liege ausprobieren“, entgegnete sie.


Jetzt konnte sich Petra auf eine tiefe innere Entspannung einlassen und ihre Augen schlossen sich ganz von selbst. In die folgende Sitzung brachte sie eine handgeschriebene Liste mit, auf der sie Punkte aufgeschrieben hatte, wie ihr Mann und auch ihre Kinder sie konkret entlasten konnten.


„Ganz ehrlich, es ist mir nicht leicht gefallen, das Gespräch mit meinen Männern zu suchen und sie haben mich teilweise mit großen Augen angeschaut, weil sie mich so gar nicht kennen. Bei diesem Treffen kam in mir eine große Wut auf meine Eltern auf, wegen all der Verantwortung die sie auf mich abgewälzt haben. Ich kann mir vorstellen, dass sie ihr bestes gegeben haben, aber dadurch bin ich Zeit meines Lebens mit diesem Rucksack voller Verantwortung rumgelaufen.“, schilderte Petra mit einem Anflug von Traurigkeit.


„Wollen wir das in der heutigen Sitzung thematisieren?“, fragte ich sie.

„O.k., ich bin gespannt, was dabei herauskommt“, antwortete Petra.


Wir besprachen noch einmal, dass sie während der hypnotischen Trancearbeit jederzeit signalisieren könne, falls sich die Inhalte als zu belastend erweisen würden und sie begab sich zunächst an ihren imaginären safe place oder Wohlfühlort, von wo aus sie die innere Arbeit gerne startete.


Im inneren Dialog mit ihren Eltern stellte sich heraus, wie sehr diese selbst überfordert waren, mit der damaligen familiären Situation. Es war auch für mich, als wären ihre Eltern tatsächlich im Raum und es fand eine intensive Begegnung und Versöhnung statt.


In der Arbeit mit Hypnose sind diese Prozesse der Vergebung oft so intensiv, dass ich selbst sehr darauf achten darf, bei mir zu bleiben, um den nötigen Abstand zu wahren.


Nach dem Ausleiten der Trance, sagte Petra ergriffen: „Ich habe zum ersten Mal wirklich gespürt, wie zerrissen und überfordert sich meine Eltern fühlten und ich möchte sie am Wochenende besuchen und mich bei ihnen bedanken.“


Jetzt hatten wir beide Tränen in den Augen und ließen dies auch zu.


Petra lernte in den kommenden Monaten mehr zu delegieren. Ihr Mann hielt sein Versprechen sich mehr um die Jungs zu kümmern und beruflich kürzer zu treten. Über eine HR-Agentur fand sie eine richtig gute Assistentin.


„Sie nimmt echt einen Haufen Geld, aber sie ist jeden Cent wert, und entlastet mich enorm. Das merke ich von Tag eins an“ freute sich Petra und fügte hinzu: „Mein Schwindel ist wesentlich weniger, eigentlich fast gar nicht mehr, nur manchmal, wie so eine Art Erinnerung an alte Zeiten.“


„Das kling gut, gratuliere, sagte ich. „Weißt du, ich habe viele Jahre auf der Bühne jongliert. Am wohlsten und sichersten fühlte ich mich mit drei Bällen. Dabei konnte ich jonglieren und gleichzeitig Geschichten erzählen und mit dem Publikum in Verbindung gehen. So konnten sich sowohl die Zuschauer als auch ich mich entspannen und wenn dann doch mal einer runterfiel war das eben ein Teil der Darbietung.“


Petra schaute mich erstaunt an: „Ich wusste gar nicht dass du auf der Bühne warst“, sagte sie überrascht.

„Nach all der Zeit kann ich es selbst manchmal kaum glauben“, hörte ich mich sagen.


„Ich möchte dich gerne fragen, was du als Essenz unserer Zusammenarbeit für dich mitnehmen kannst, liebe Petra“, fragte ich sie.


Sie hielt eine ganze Weile inne bevor sie antwortete: „Nein sagen ist meine neue Superpower!“

Fazit:

Grenzen setzen, Nein sagen können, Schluss mit dem ewigen Vergleichen.

Drei Tipps oder Ratschläge, die Selbstliebe für Dummies entsprungen sein könnten, haben das Potential einen Unterschied zu bewirken. In der Psychotherapie und im Coaching erzählen wir den Menschen nichts Neues.


Die Kunst scheint viel mehr darin zu liegen, bewährte Maßnahmen, die bei Überlastung und Überforderung helfen zur Umsetzung zu bringen. Genau dafür eignet sich Hypnose nach meiner Erfahrung besonders.


Hypnose ist eines der ältesten Heilverfahren, die wir kennen. 2006 wurde sie vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) anerkannt. In der Regel kommen meine Praxisbesucher*innen zwischen drei und fünf Mal zur Behandlung, um eine Lösung für ihr Problem zu finden. Im Vorfeld einer Hypnosetherapie bei Überforderung solltest Du organische Ursachen für dein Anliegen ausgeschlossen haben. Mehr über Jojo Weiß.


Herzliche Grüße,

Jojo Weiß

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